Hier und Jetzt
Kinder können im jeweiligen Augenblick voll da sein. Erwachsene Menschen haben das in der Regel verlernt und bewegen sich gedanklich ständig im Gestern und Morgen. Es wird der Kopf zerbrochen, warum etwas schief gelaufen ist und was wir noch machen müssen. Jeder erlebt viele Situationen, bei denen man mit seinen Gefühlen, Gedanken und Handlungen nicht voll bewusst im Hier und Jetzt ist. Die Aufmerksamkeit und Wahrnehmung ist nicht auf eine Sache konzentriert.
Im Beruf sind in Besprechungen immer wieder einige Teilnehmer zu sehen, die sich nicht auf die Vorträge konzentrieren können, sondern E-Mails bearbeiten oder Präsentationen der nächsten Wochen vorbereiten müssen. In der Freizeit ist es meist nicht anders, wie es beispielsweise beim Joggen vielerorts zu sehen ist. Wenige können einfach den Augenblick und die Natur genießen und müssen beim Laufen telefonieren oder sich das neueste Podcast anhören. Die Angst etwas anderes zu verpassen, läuft wohl immer mit.
Achtsamkeit im Alltag üben
Eine verbesserte Körperwahrnehmung und die Erfahrung, dass Empfindungen immer vorübergehend sind, helfen dabei, Stress frühzeitig wahrzunehmen und Stressreaktionsketten zu stoppen. Deshalb macht es Sinn, die Achtsamkeit im Alltag zu üben. Achtsamkeit kann auf verschiedenen Ebenen stattfinden, sei es im Alltag, Beruf, in Verbindung mit dem Körper, auf Gefühle und gegenüber Natur und Dingen. Achtsamkeit bedeutet im Hier und Jetzt zu sein und zwar nicht nur körperlich, sondern auch mental. Gedanken und Gefühle, die auftreten, werden wahrgenommen und so angenommen, wie sie sind – ganz ohne sie zu bewerten. Der besondere Effekt der Selbst-Distanzierung beruht darauf, dass man das automatische Beurteilen und Bewerten ausschaltet.
Ein gesunder Lebenstil und aktiv sein ist wichtig: Glückshormone wie Serotonin, Dopamin und Endorphine werden vor allem durch Licht, Bewegung an der frischen Luft und eine ausgewogene Ernährung gebildet.
Frische Luft tut gut und ist wichtig. Schenken Sie beim Spaziergang den Dingen Aufmerksamkeit, an die wir sonst keine Gedanken verschwenden. Das können die Blume am Wegesrand, singende Vögel oder spielende Kinder sein. Kosten Sie sinnliche Erlebnisse bewusst aus. Hetzen Sie nicht mit Knopf im Ohr die Joggingstrecke entlang, sondern nehmen Sie die Freude an der Bewegung, jeden Ihrer Schritte und Ihren Atem wahr. Wissenschaftler konnten anhand von Studien herausfinden, dass wir mithilfe der bewussten Nutzung unserer Sinneseindrücke, wie Geruch, Sehen und Geschmack, positiv erlebte Ereignisse dauerhaft speichern können. Deshalb konzentrieren Sie sich mit allen Sinnen auf ein angenehmes Ereignis, egal ob in der Natur, in der Oper, im Kino, beim Sport oder im Café. Hören Sie auf Ihren Körper.
Nicht alle Ziele im Leben lassen sich gleichzeitig erreichen. Wer alles zu verwirklichen versucht, egal ob beruflich oder privat, fühlt sich schnell gestresst und bekommt oft dazu gesundheitliche Probleme. Deshalb sollten Sie Prioritäten festlegen. Als Hilfe dafür können Sie sich einen Plan erstellen, um die kurz-, mittel- und langfristigen Ziele festzulegen. Betrachten Sie die Liste mit zeitlichem Abstand und ziehen Sie die richtigen Schlüsse daraus. Wer gesund bleiben will, sollte für Ausgleich sorgen – nicht nur im Urlaub, sondern täglich.
Menschen sind im Alltag in ständiger Bewegung, oft ohne vollkommene Ruhepausen. Nehmen Sie deshalb am Tag fünf Minuten Zeit und höre einfach nur hin, welche Geräusche aus der Umgebung kommen. Damit schärfen Sie die Sinne. Sie können diese Achtsamkeitsübung sowohl drinnen als auch draußen im Freien durchführen.
Legen Sie sich bei schönem Wetter einfach auf die Wiese und lassen Sie die Wolken über Himmel und Berg ziehen. Mit jedem Atemzug in der vielfältigen, erfrischenden Natur verschwinden die Gedanken ans Büro und den Alltagsstress. Zurück bleibt das wohlige Gefühl, das es genau diese Momente sind, die das Leben so richtig lebenswert machen.
Anstatt schnell das Mittagessen hineinzuschlingen, um schnell wieder am Arbeitsplatz zu sein, sollten Sie jeden Bissen genießen. Wenn die Ampel rot wird, nicht noch schnell Gas geben und sich und andere gefährden, sondern bewusst innehalten und tief durchatmen. Versuchen Sie das genauso bei Zugausfällen, überfüllten Abteilen und nicht enden wollenden Staus. Anfangs wird es schwer fallen, doch über längere Sicht profitieren Sie von dem Mehr an Gelassenheit. Schulen Sie die Achtsamkeit, indem Sie morgens die ersten Minuten nach dem Aufwachen noch einige Minuten mit offenen Augen liegen bleiben und sich in die Atmung und in den Körper hinein spüren.
Wenn das Telefon klingelt, nicht gleich den Hörer abnehmen, sondern zunächst dreimal tief atmen. Damit gewinnen Sie Zeit für die Überlegung, ob Sie wirklich ans Telefon gehen möchten oder später bei einem geeigneten Moment zurückrufen. Achtsamkeit erstreckt sich über alle Lebensbereiche. Achtsam zu sein bedeutet wahrzunehmen, was in einem vor sich geht. Was geht in einem gerade vor? Welche Gefühle? Welche Gedanken sind da?
Es gibt viele Möglichkeiten, Achtsamkeit zu üben. Atem- oder Yogaübungen, Meditation oder bewusste Haushaltsarbeit zählen dazu. Längst sind verschiedene Meditationstechniken und Achtsamkeitsübungen als wirksame Methoden zur Förderung des körperlichen und seelischen Wohlbefindens anerkannt. Bleiben Sie mit der ganzen Aufmerksamkeit bei der Tätigkeit und lassen Sie sich in diesen Situationen nicht durch Erinnerungen oder Nachdenken über die Zukunft ablenken.
Yoga ist eine gute Technik, um zu mehr Achtsamkeit zu gelangen. Es handelt sich dabei um eine praktische Lebensphilosophie, die auf verschiedene Arten durchgeführt werden kann. Durch Yoga lebst Sie für den Moment vollkommen im Hier und Jetzt, konzentrierst sich ausschließlich auf den Augenblick und nicht auf die Sorgen.
Täglich ein paar Minuten einplanen
Wer mit Achtsamkeitsübungen beginnt, sollte dafür täglich einige Minuten fest einplanen. Denn mit Achtsamkeit kann ein besseres Verständnis im Umgang mit den eigenen Gedanken, Gefühlen und sich selbst vermittelt werden. Sie können mit kleinen Mini-Pausen nach Möglichkeit während der Arbeit starten. Einfach für 30 Sekunden tief ein- und ausatmen und sich auf den Atem konzentrieren.
Im Alltag laufen die meisten Dinge völlig automatisch ab. Bei Achtsamkeit geht es darum, automatische Dinge bewusst zu machen. Nehmen Sie beispielsweise als Rechtshänder beim Zähneputzen die andere Hand. Durch die neue und ungewohnte Herangehensweise werden Sie automatisch achtsam.
Kinder entdecken ständig neue Sache und gehen mit großer Neugierde an die Sache ran. Als Erwachsener fehlt dazu oft der Anreiz oder die Zeit. Seien Sie mal wie ein Kind und beobachten Sie die kleinen Dinge. Die genaue Beobachtung eines Gegenstandes schärft die Sinne und zugleich wird die Achtsamkeit geübt. Nehmen Sie beispielsweise beim Spaziergang im Park oder im Wald mal die verschiedenen Blätter in die Hand und beobachten und vergleichen Sie Form, Farben und Struktur.
Achtsamkeit ist vor allem in der buddhistischen Lehre und Meditationspraxis zu finden. In der westlichen Welt ist Achtsamkeit insbesondere durch den Einsatz im Rahmen verschiedener Psychotherapie-Methoden bekannt geworden. Die moderne Achtsamkeitslehre wurde unter dem Begriff Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) von dem Molekularbiologen Jon Kabat-Zinn in den 70er Jahren an der University of Massachusetts (USA) entwickelt. Kabat-Zinn definiert Achtsamkeit als eine Form der Aufmerksamkeit, die sich durch drei Aspekte auszeichnet.
- Achtsamkeit ist absichtsvoll (die Aufmerksamkeit wird gezielt auf etwas Bestimmtes fokussiert)
- Sich auf den gegenwärtigen Moment bezieht (statt auf die Vergangenheit oder die Zukunft)
- Nicht wertend ist (den Moment wertfrei wie ein Beobachter wahrnehmen)